Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz muss nicht zwangsläufig zur fristlosen Kündigung des Täters führen. Ob unsittliche Annäherungen tatsächlich eine Entlassung nach sich ziehen, hänge immer von den Umständen des Einzelfalls ab, stellte das Bundesarbeitsgericht klar. Das Urteil hat – zurecht – hohe Wellen geschlagen.
Im konkreten Fall hat ein Automechaniker aus Nordrhein-Westfalen, der einer Putzfrau an den Busen gegriffen hatte, erfolgreich gegen seine Kündigung geklagt. Nach den Umständen dieses Streitfalls hätte eine Abmahnung als Reaktion ausgereicht, urteilten die Erfurter Richter in diesem Fall. Der Mann hat im Juli 2012 im Waschraum zu einer Putzfrau gesagt, dass sie einen schönen Busen habe und dann ihre Brust berührt. Als die Frau deutlich machte, dass sie dies nicht wünsche, ließ der Mann sofort von ihr ab.
Im Gespräch mit seinem Arbeitgeber gestand er später den Vorfall ein und erklärte, er habe sich eine Sekunde lang vergessen. Er schäme sich, so etwas werde sich nicht wiederholen – dennoch wurde ihm fristlos gekündigt. Der Mann hatte sich auch bei der Frau entschuldigte und ein Schmerzensgeld gezahlt.
Das Bundesarbeitsgericht sah in dem Vorfall zwar zweifelsfrei eine verbale und körperliche sexuelle Belästigung, hielt aber die Kündigung für unverhältnismäßig. Der Kläger habe nicht notorisch Grenzen überschritten.
Sein Verhalten sei nicht zu vergleichen etwa mit dem eines Produktmanagers eines Möbelhauses, dessen Kündigung das Bundesarbeitsgericht im Juni 2011 bestätigte (2 AZR 323/10). Der Mann hatte einer Kollegin einen Schlag auf den Po versetzt, war daraufhin abgemahnt worden und hatte später einer anderen Mitarbeiterin mit Anzüglichkeiten zugesetzt.
Das Urteil finden Sie hier: https://openjur.de/u/761557.html